Wie kommt man eigentlich auf die Idee, Traurednerin zu werden? Wie gestaltet man die perfekte Traurede? Und was zeichnet eine 'singende Traurednerin' aus?

Wir haben uns mit der musikalischen Rednerin Maureen von Liebeszeremonie - Freie Reden mit Gesang getroffen, die in ihrem Traumberuf zwei ihrer liebsten Beschäftigungen vereint: das Singen und das Reden. Heute geben wir euch im Interview Einblick in ihre Vorstellungen von einer perfekten, musikalisch-individuellen Traurede – Taschentucheinsatz inklusive!

Maureen, du vereinst zwei Dienstleistungen in einer Person. Hochzeitssängerin und freie Traurednerin. Womit hast du angefangen?

Ich bin studierte Theaterschauspielerin und Musicaldarstellerin und stehe seit über 25 Jahren auf der Bühne. Irgendwann hatte ich das ‚Wanderleben‘ satt und beschloss, mich als Trauersängerin für Trauerfeiern selbständig zu machen. Das wurde aber zu selten gebucht und ich wurde trotzdem immer als Hochzeitssängerin angefragt. Das schien mir aber auf den ersten Blick zu oberflächlich. Ich dachte, es geht diesen „Eventbräuten“ nur um den Status und den schönen Schein... Ich lag so falsch! Dann fiel die Hochzeitssängerin eines guten Kumpels kurzfristig aus und er bat mich einzuspringen. Als ich beim Singen in all die vor Rührung weinenden Gesichter blickte, war es um mich geschehen...

Ich räumte mit meinen „Bridezilla“-Vorurteilen auf und schmiss mich in die Hochzeitsbranche...

Traurednerin Maureen Wyse über ihre Anfänge in der Hochzeitsbranche

Und wie bist du auf die Idee gekommen, auch als freie Traurednerin zu arbeiten?

Als Trausängerin erlebte ich jede erdenkliche Form der Trauung – irgendwann hingen mir diese „Insel der Gefühle“-Geschichten, die „der kleine Prinz“-Zitate, die Korinther Briefe, die Hochzeitskerzen und Sandrituale zum Hals raus. Ich komme vom Theater und weiß, wie man etwas spannend, berührend und unterhaltsam gestaltet. Irgendwann fiel dann der alles entscheidende Satz: „Dann mach’s doch anders, Maureen!“

Ich wollte Tauzeremonien ohne Klischees gestalten. Alles darin sollte individuell aus der Paargeschichte und deren biografischen Background heraus passieren. Rituale sollten nur darin vorkommen, wenn sie wirklich etwas mit dem Paar zu tun hätten und nicht „weil man das halt so macht“. Es sollte würdevoll und festlich, aber nicht steif sein. Humorvoll, aber nicht albern, berührend, aber nicht kitschig und vor allem sollte es die Gäste nicht langweilen. Ich wollte Erinnerungen fürs Leben schaffen – sowohl fürs Brautpaar als auch für die Gäste, denn die sind ja die dritte Hauptperson bei einer Trauung. Gott sei Dank hat sich die Hochzeitsbranche inzwischen ein wenig modernisiert und es gibt Trauredner, die das so ähnlich sehen wie ich...

Du bezeichnest dich selbst ja als „Die singende Rednerin“. Wie kann ich mir den Ablauf einer freien Trauung, bei der du nicht nur als Rednerin, sondern auch als Sängerin vor Ort bist, vorstellen?

Diese Frage irritiert mich immer, weil ich seit ich 15 Jahre alt bin nichts anderes tue, als vom Sprechen ins Singen zu gelangen. Als Musicaldarstellerin war das ja quasi mein Job. Jetzt bin ich eine singende Rednerin – rein technisch gesehen habe ich ja schon ein Mikro in der Hand und muss nur noch auf Play drücken. ;-)

Als „Regisseurin“ weiß ich genau, wann wer sich wie fühlen soll während der Zeremonie.

Traurednerin Maureen Wyse

Ich sehe mich nicht nur als Rednerin, sondern auch als Konzeptionistin, Dramaturgin, Regisseurin und Moderatorin der Trauzeremonie. Die Zeremonie beginnt, wenn der erste Gast die Schwelle betritt. Wir versuchen eine Grundatmosphäre zu schaffen, die optimal auf die Trauzeremonie vorbereitet. Alles, was ich sage oder tue verfolgt die Absicht, das Paar und die Gäste durch eine Reise der Emotionen zu geleiten. Wenn ich dann singe, ist es quasi der Soundtrack zum Erzählten. Nichts passiert aus Zufall oder Beliebigkeit. Deshalb fragt sich auch niemand, „warum fängt die Tante da vorne auf einmal an zu singen?“ Außerdem findet DAS RITUAL an sich statt: In diesem Moment verabschieden wir einen alten Lebensabschnitt, um einen neuen zu begrüßen. Während einer Trauzeremonie befinden wir uns in einer Twighlightzone, in der alles möglich ist. Wir machen also ein bisschen Magie. 

Hast du noch einen Musiker dabei, der dich beim Gesang instrumental begleitet?

Auch wenn ich ein großer Fan von Live-Musik mit echter Instrumentalbegleitung bin, wird das relativ selten bei mir gebucht. Ich bin zu 90% mit geschmackvollen Halbplaybacks unterwegs, die ich teilweise von meinen Lieblingsmusikern einspielen lasse.

Was ist dein persönliches Highlight einer freien Trauung?

Wenn ich die Reaktionen sehe und ich immer wieder feststelle, dass mein Konzept funktioniert. Ich blicke in gerührte, glückliche und erstaunte Gesichter und freue mich wie ein Schnitzel, dass ich dazu beitragen konnte, dass dieser große Tag unvergesslich für das Paar und seine Gäste geworden ist. 

Ich denke mir dann: „Mission erfüllt“ und fahre mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen in meinem kleinen, alten Twingo nach Hause.

Traurednerin Maureen Wyse

Und jetzt wüssten wir gerne noch…

…was du werden wolltest, als du 5 Jahre alt warst: Entwicklungshelferin

…wann du das erste Mal ein Mikrofon in der Hand gehalten hast: mit 15 Jahren

…was du gegen Nervosität vor einer freien Trauung unternimmst: Eigentlich bin ich nicht mehr nervös, sondern freue mich, dass es endlich los geht und bin neugierig auf das, was mich erwartet. Wie sind die Gäste drauf, wie sieht mein Arbeitsplatz aus? Meine Challenge besteht darin, wie ich die Gäste kriege, damit sie aufmerksam sind und mit dem Paar und ihrer Geschichte mitfiebern. Wenn dann die ersten Taschentücher gezückt werden und alle gleichzeitig lachen und weinen müssen, denke ich mir: YESSSSS! Am aufgeregtesten bin ich, wenn ich schreibe. Ich denke mir dann immer „hoffentlich treffe ich den Ton des Brautpaars!“ Dabei hilft mir ganz viel Schokolade, Chips und Netflix in den Pausen. (Irgendwann muss ich mir eine andere Strategie überlegen, denn so kann es nicht weitergehen…)

…wie der perfekte Start in den Tag für dich aussieht: Ausschlafen und von alleine aufwachen, dann eine Tasse Kaffee und am besten meinen Liebsten neben mir. :-)